Im Hauptausschuss des Rates der Stadt Bergisch Gladbach stand der Verwaltungsvorschlag für ein Klimaschutzkonzept der Stadt zur Entscheidung. Nach unserer Auffassung leitet der Vorschlag Zuständigkeiten für die Stadt her, die bereits von anderen Institutionen wahrgenommen werden oder auch dort bereits gesetzlich verankert sind, andererseits fehlen wichtige Maßnahmen, die aufgenommen werden müssen, wenn das Konzept wirksam sein soll. Darüber hinaus müssen angesichts der städtischen Finanzen Prioritäten gesetzt werden. In seinem Statement vor dem Hauptausschuss geht FWG-Fraktionsvorsitzender Benno Nuding näher auf die Zusammenhänge ein.  Wir freuen uns, dass der Hauptausschuss sich unserem Antrag angeschlossen hat, gemeinsam bis zur nächsten Ratssitzung eine von einer breiten Mehrheit getragenen Lösung für ein passgenaues Klimaschutzkonzept zu entwickeln.

„Ohne Frage gehören Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu den wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft. Und um eines von vornherein zu sagen: Wir wünschen uns einen engagierteren Klimaschutz und konsequentere Maßnahmen zur Klimaanpassung.
Leider läuft die aktuelle Diskussion nach dem Narrativ ab: Wer das Klimakonzept nicht so, wie es ist, unterstützt, will weniger Klimaschutz.
Es muss aber erlaubt sein zu hinterfragen, ob alle zum Beschluss vorliegenden Maßnahmen wirklich sinnvoll sind oder die Kosten und Personalressourcen nicht besser eingesetzt werden können.
Geld kann man nur einmal ausgeben und angesichts der Haushaltssituation stellt sich zusätzlich die Frage, wie viel Geld überhaupt ausgegeben werden kann.
Nicht vergessen sollten wir auch, dass kommende Generationen vor weit größeren Problemen stehen werden als wir. Deswegen sollten wir uns auch um finanzielle Nachhaltigkeit bemühen.
In der Liste des Maßnahmenkataloges finden sich Vorschläge, die unserer Meinung nach sofort umgesetzt werden sollten, dazu gehört z.B. ein konsequenter Ausbau von Photovoltaik-Anlagen überall, wo es auf städtischen Gebäuden möglich ist.
Aber bei vielen anderen Punkten müssen Kosten und Nutzen erst einmal bekannt sein, um richtig entscheiden zu können.
Es gibt aber auch Ideen, die wir nicht für sinnvoll halten. Offensichtlich falsch ist der Vorschlag, für den Fuhrpark der Stadt auch Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb in Betracht zu ziehen. Die Produktion von Wasserstoff ist enorm ineffizient. Es handelt sich um ein Luxusgut, das in Zukunft vornehmlich von der Schifffahrt und in der Metallindustrie benötigt wird, aber weniger für den Individualverkehr.
Im Bereich der Mobilität halten wir es für falsch, das Mobilitätskonzept in den kommenden beiden Jahren für 140.000 € zu überarbeiten und 50.000 € Kosten pro Jahr für Mobilitätsmarketing einzuplanen. Wir brauchen keine Konzepte, sondern Ergebnisse. Statt Werbung für Radfahren auf schlechten Radwegen zu machen, sollten die Ressourcen vielmehr in die konsequente Verbesserung der Fahrradinfrastruktur fließen.
Einer der ersten Anträge der FWG nach der Kommunalwahl war die Entwicklung der Nord-Süd-Fahrradroute. Das wäre eine wirklich effektive Maßnahme. Die Pläne liegen in irgendeiner Schublade. Wir planen für die Altenberger-Dom-Straße Schildgen gerade eine gute Radinfrastruktur. Aber noch wichtiger wäre eine gute Anbindung ans Stadtzentrum jenseits der Kempener Straße. Die bereits begonnenen Planungen des Kreises sollten unbedingt weiterentwickelt werden.
Das sind nur Beispiele. Wir werden diesem Klimaschutzkonzept, wie es hier vorliegt, in seiner Gesamtheit nicht zustimmen können, da eben diskutiert werden muss, welche Maßnahmen sinnvoll sind, welche nicht sinnvoll sind und welche Ressourcen in anderen Bereichen geeigneter investiert werden können.
Deswegen haben wir beantragt, einzeln über die Maßnahmen abzustimmen. Es sollte uns aber vielmehr wichtiger sein, dass wir uns die Zeit nehmen, darüber in Ruhe interfraktionell zu diskutieren. Dafür wird die Zeit der heutigen Ausschusssitzung nicht ausreichen. Deswegen haben wir zusätzlich die Anträge gestellt, einen Arbeitskreis zu bilden und die Entscheidung auf die Ratssitzung im Oktober zu verschieben. Wenn es dadurch gelingt, einen breiten Konsens herbeizuführen, ist eine solche Verschiebung ein Gebot der Vernunft.
Aber es gibt noch einen ganz anderen Kritikpunkt. Dieses Konzept ist nicht der große Wurf. Konsequenter Klimaschutz würde noch ganz anders aussehen. Dazu möchte ich zwei Beispiele anbringen:
Wenn wir im Bereich Mobilität wirklich konsequent sein wollten, könnten wir den Stellplatzschlüssel auf Zanders sofort von 0,75 auf 0,5 Stellplätze verringern. Das würde überhaupt keine Ressourcen kosten und es würde den Bürgern zeigen, dass Mobilität auch anders gehen kann. Denn es gibt eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern, die bewusst auf das Auto verzichten, wenn das Angebot des ÖPNV gut ist und in der Nähe liegt. Wir hätten so weniger Verkehrsbelastung und könnten die frei werdenden Flächen für Grünflächen nutzen. Aber dazu konnte sich die Politik leider nicht durchringen.
Der Grund, warum wir uns in der Kommunalpolitik engagieren, ist bekanntermaßen der bestehende Flächennutzungsplan (FNP). Alle geplanten neuen Wohnflächen des FNP sind Grünflächen mit klimatischer Funktion. Darauf haben wir bereits vor vier Jahren hingewiesen.
Unter den Maßnahmen für die Klimaanpassung wird im Konzept auch die Entsiegelung genannt. Wir könnten es einfacher und kostenfrei haben, wenn wir beschließen würden, klimatisch wichtige Frei- und Naturflächen aus dem FNP zu nehmen und nicht zu bebauen. Wir hätten weniger Versiegelung und die geringere Verkehrsbelastung im Aussenbereich würde die Hauptverkehrsachsen entlasten. Weniger Verkehrsstau würde auch die CO2 Bilanz verbessern. Auch der Rheinisch-Bergische Naturschutzverein hat solche und weitere Maßnahmen mit dieser Zielrichtung vorgeschlagen.
Für uns ist das Thema zu wichtig, als dass wir hier einem unfertigen Konzept zustimmen. Wir sollten uns gemeinsam die Zeit nehmen, für unsere Stadt das Beste zu beschließen.“