Die FWG hat dem städtischen Haushalt 2023 trotz Bedenken zugestimmt, um damit gleichzeitig aktiv einen Konsolidierungskurs einzuleiten. Denn in Verbindung mit dem Haushalt wurde eine Nachhaltigkeitssatzung beschlossen, die zukünftig jede freiwillige Ausgabe der Stadt auf den Prüfstand stellt. Das muss allerdings nicht heißen, dass jedweder Maßnahmenbeschluss des Stadtrates verhindert wird, nur müssen bei den Ausgaben stichhaltige Begründungen, und Gegenfinanzierungsvorschläge vorliegen oder Prioritäten gesetzt werden.
Anderenfalls ist ein Haushaltsausgleich, also eine Balance zwischen Erträgen und Aufwendungen mittelfristig nicht zu erreichen. Darin besteht weitgehende Einigkeit.
Die beschlossene Nachhaltigkeitssatzung ist kein nettes Beiwerk zur Gewissensberuhigung, sondern muss echt gelebt werden, wenn wir unsere Haushalts-Probleme selbst lösen und nicht auf unsere Nachfolger übertragen wollen. Deshalb haben wir durchgesetzt, dass künftig jede finanzielle Beschlussvorlage mit der Satzung abgeglichen werden muss. Die FWG wird zur weiteren Konkretisierung der Satzung Vorschläge unterbreiten.
Herausforderungen Flüchtlingskrise und vernachlässigte Infrastrukur
Allerdings befindet sich die Stadt in zweifachen Dilemma. Die Belastungen, bedingt durch die Füchtlingskrise, sind von den Kommunen kaum noch zu bewältigen. Wenn auch vom Bund beträchtliche Unterstützung geleistet wird, auf vielen Kosten bleiben die Gemeinden sitzen. Es sind Fragen der Unterbringung, der Schul- und Kitakapazitäten, die vor Ort gelöst werden müssen. Erste Gemeinden haben einen Zuzugsstop durchsetzen können. Bergisch Gladbach übererfüllt derzeit seine festgesetzte Aufnahmequote nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW um knapp 8 Prozent. (Quelle Bezirksregierung Arnsberg/IT.NRW)
Das zweite Haushaltsproblem ist hausgemacht. Es besteht ein riesiger Investitionsstau bei der stadteigenen Infrastruktur. Jeder, der die Stadtgrenzen in Richtung Bergisch Gladbach überfährt, merkt es. Die Straßen sind zum Teil in einem bedauernswerten Zustand, der einer Vollsanierung bedarf, von den Fahrradwegen erst gar nicht zu reden. Auch hier geht es nur langsam voran.
Werden Sanierungen weiter verschleppt, wird alles noch viel teurer. Es besteht also sofortiger Handlungsbedarf. Vom Nachholbedarf bei den Schulen wollen wir erst gar nicht reden. Auch hier haben Versäumnisse der letzten Jahre zu teilweise unerträglichen Zuständen geführt.
Sparen und investieren gleichzeitig. Wie geht das?
Es führt kein Weg daran vorbei: Eine echte Haushaltskonsolidierung ist schmerzhaft. Viele Dinge sind wünschenswert, aber eben nicht machbar. Wenn nicht an der Steuer- oder Gebührenschraube gedreht werden soll, müssen andere Maßnahmen ergriffen werden.
Für die FWG muss die Effektivität in der Stadtverwaltung gesteigert werden. Die Gemeindeprüfungsanstalt NRW macht hierzu einige erfolgversprechende Vorschläge. Personal sollte möglichst so qualifizert werden, dass flexible Einsätze möglich sind. Bei Ausscheiden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollte stets geprüft werden, ob die Planstelle wirklich wieder zu besetzen ist. Eine Inflation von Planstellen, die dann doch nicht besetzt werden können, beeinflussen prinzipiell in negativer Weise den geforderten Haushaltsausgleich.
Synergieeffekte durch interkommunale Zusammenarbeit
Weiterer Punkt: Die interkommunale Zusammenarbeit. Sind die für Bergisch Gladbach anzuschaffenden Fahrzeuge zum Beispiel bei der Straßenreinigung wirklich so speziell, dass keine interkommunale Abstimmung beim Kauf möglich ist, um Preisvorteile zu erzielen. Muss es bei der Digitalisierung unterschiedliche Softwarelösungen geben? Es gibt weitere Beispiele.
Die Knappheit der Mittel erfordert auch, dass generell Prioritäten gesetzt werden müssen. Nicht alles ist gleichzeitig machbar. Die Gemeindeprüfungsanstalt, die eine überörtliche Prüfung der Stadt vorgenommen hat, hat unmissverständlich klargestellt, dass die freiwillige Haushaltskonsolidierung nicht ein einmaliger Vorgang für 2023 darstellt, sondern jährlich vorgenommen werden muss.
Problematische Gewerbesteuer
Die finanziellen Einnahmequellen der Kommunen sind überschaubar. Es sind die durch kommunale Hebesätze beeinflussbaren Grundsteuer und Gewerbesteuer, die Anteile aus der Einkommen- und Umsatzsteuer, Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, Investitionszuschüsse, Gebühren für Verwaltungsleistungen und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Hinzukommen Kompensationsmittel von Land und Bund. Stichwort Corona und Ukraine.
Bei den Einnahmen steht seit vielen Jahren die Gewerbesteuer in der Kritik. Sie wird zu einem standortbedingten Kostenfaktor für Unternehmen, die dies durch Verlagerung oder Aufspaltung zu lösen versuchen. Dadurch kann ein Dumpingwettbewerb zwischen Gemeinden ausgelöst werden. Es kommt hinzu, dass die Gewerbesteuer stark konjunkturabhängig ist. Kommunen müssen aber ihre Pflichtaufgaben auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten erfüllen. Zwar bietet die Gewerbesteuer den Gemeinden Gestaltungsmöglichkeiten, indem die Hebesätze kommunalen Beschlüssen unterliegen, das aber kann den interkommunalen Wettbewerb eher noch verschärfen.
Ein bundesdeutscher Gewerbesteuervergleich zwischen den Kommunen zeigt deutlich, dass die Höhe des Aufkommens von angesiedelten großen Unternehmen bestimmt ist. Wenige Betriebe zahlen die Hauptlast. So trug das Unternehmen BionTech im Jahre 2021 dazu bei, dass Mainz mit einem nur etwas über Durchschnitt liegenden Hebesatz an die Spitze der kreisfreien Städte katapultiert wurde, was die Gewerbesteuer pro Einwohner betrifft. In Bergisch Gladbach dürfte es ähnlich sein. Auch hier sind die Haupteinnahmen auf wenige große Unternehmen zurückzuführen. Konkrete Zahlen gibt es aber wegen des Steuergeheimnisses nicht.
Eine Reform der Gewerbesteuer wird seit mindestens 10 Jahren diskutiert. Dies liegt nicht in den Händen der Kommune und entzieht sich damit auch der politischen Mitwirkung der FWG. Jedoch ist unsere Meinung dazu klar: Die Gewerbesteuer gehört abgeschafft; den Gemeinden ist stattdessen ein höherer Anteil aus der Umsatzsteuer zu gewähren, wobei ein kommunales Heberecht auf die Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer erhalten bleiben muss. Wir halten diese Forderung des Bundes der Steuerzahler für schlüssig.
Chance Zanders nutzen
Bergisch Gladbach hat aber auch eigene Chancen: Die Vermarktung des sich im Besitz der Stadt befindlichen Zanders-Geländes würde einen ganz wesentlichen Beitrag zur dauerhaften Haushaltskonsolidierung leisten. Es geht uns dabei nicht um ein „Übers Knie brechen“, aber doch um eine wesentliche Verkürzung des Planungshorizontes von 25 Jahren. Wichtig für die FWG aber ist, dabei das Heft des Handels in der stadteigenen Hand zu halten. Insofern ist die gestalterische Arbeit des interfraktionellen Zanders-Arbeitskreises und des Zanders-Ausschusses, die von unserer Seite mit Wilfried Förster besetzt ist, von großer Bedeutung. Allerdings fordern wir ein zügigeres Vorgehen, um die Stadt schnellstmöglich von den laufenden Unterhaltskosten in jährlicher Millionenhöhe zu entlasten.
Alles in allem eine komplizierte Gemengelage. Ihre Auflösung erfordert hohe Disziplin von Verwaltung und Politik. Die FWG bringt sich aktiv in diesen Prozess ein.